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»Schweigen Sie darüber, Farrabesche,« sagte Madame Graslin.
»Der Gedanke stammt von Monsieur Bonnet.«
Als Véronique nach Farrabesches Hause zurückgekommen war,
nahm sie Maurice von dort mit und kehrte sofort ins Schloß zu-
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rück. Als ihre Mutter und Aline Véronique erblickten, waren sie
betroffen über den Wechsel ihrer Physiognomie; die Hoffnung,
dem Lande Gutes zu tun, hatte ihr wieder ein glückliches Ausse-
hen gegeben. Madame Graslin schrieb an Grossetête, er möchte
Monsieur de Granville um die völlige Freiheit des armen freige-
lassenen Zuchthäuslers bitten, über dessen Aufführung sie Auf-
schlüsse gab, die ihr durch ein Zeugnis des Bürgermeisters von
Montégnac und durch einen Brief Monsieur Bonnets bestätigt
wurden. Sie fügte diesem Eilbriefe auch Auskünfte über Cathéri-
ne Curieux bei und bat Grossetête, den Generalprokurator für die
gute Handlung, die sie in Betracht zöge, zu interessieren, und an
die Polizeipräfektur in Paris zu schreiben, um das Mädchen wie-
derzufinden. Der Umstand allein, daß sie Gelder in das Bagno
gesandt, wo Farrabesche seine Strafe abgesessen hatte, mußte
hinreichende Fingerzeige geben. Véronique wünschte zu wissen,
warum Cathérine es unterlassen hatte, zu ihrem Kinde und zu
Farrabesche zurückzukehren. Dann teilte sie ihrem alten Freunde
noch die Entdeckungen beim Wildbache des Gabou mit und
drang auf die Wahl des geschickten Mannes, um den sie bereits
gebeten hatte.
Der folgende Tag war ein Sonntag und der erste seit ihrer An-
kunft in Montégnac, an dem Véronique sich imstande fühlte, die
Messe in der Kirche anzuhören; sie kam dorthin und nahm Platz
auf der Bank, die ihr in der Jungfraukapelle gehörte. Als sie sah,
wie kahl die Kirche war, nahm sie sich vor, jedes Jahr eine Sum-
me für die Bedürfnisse des Baus und die Ausschmückung der
Altäre auszuwerfen. Sie hörte die sanfte, salbungsvolle, engel-
gleiche Stimme des Pfarrers, dessen Predigt, wiewohl sie in ein-
fachen Worten und dem bäuerlichen Verständnisse entsprechend
gehalten war, wahrhaft erhebend wirkte. Das Erhabene kommt
aus dem Herzen, der Verstand findet es nicht; und die Religion ist
ein unversiegbarer Born dieses Erhabenen ohne glänzende Feuer;
denn der Katholizismus, der die Herzen durchdringt und ändert,
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ist ganz Herz. Monsieur Bonnet fand in den Episteln einen auszu-
legenden Text, der zeigte, daß Gott früher oder später seine Ver-
sprechungen erfülle, die Seinigen begünstige und die Guten
ermutige. Er erklärte die großen Dinge, die sich für die Gemeinde
aus der Anwesenheit einer mildtätigen reichen Frau ergäben, in-
dem er auseinandersetzte, daß die Pflichten des Armen dem rei-
chen Wohltäter gegenüber ebenso weit gehen, wie die des
Reichen dem Armen gegenüber; ihre Hilfe müsse gegenseitig
sein.
Farrabesche hatte mit einigen von den Leuten, die ihn jener
christlichen Nächstenliebe wegen, die Monsieur Bonnet in der
Gemeinde in Ausübung gebracht hatte, gern sahen, über das
Wohlwollen gesprochen, dessen Gegenstand er war. Madame
Graslins Benehmen ihm gegenüber bildete den Gesprächsstoff
der ganzen Gemeinde, die nach ländlichem Brauche vor der Mes-
se auf dem Kirchenplatz versammelt war. Nichts war geeigneter,
Véronique die Freundschaft dieser ungewöhnlich empfänglichen
Gemüter zu erwerben. So fand sie denn auch, als sie die Kirche
verließ, fast die ganze Gemeinde in zwei Reihen aufgestellt. Jeder
grüßte sie, als sie vorbeiging, in tiefem Schweigen ehrfurchtsvoll.
Sie war über solchen Empfang gerührt, ohne den wirklichen
Grund dafür zu ahnen; sie bemerkte Farrabesche als einen der
letzten und sagte zu ihm:
»Sie sind ein geschickter Jäger, vergessen Sie nicht, uns Wildbret
zu bringen!«
Einige Tage später lustwandelte Véronique mit dem Pfarrer in
dem dem Schlosse benachbarten Teile des Waldes und wollte mit
ihm in die sich abstufenden Täler hinuntergehen, die sie von Far-
rabesches Hause aus gesehen hatte. Sie erlangte dann die Gewiß-
heit der Lage der oberen Zuflüsse des Gabou. Dieser Prüfung
zufolge bemerkte der Pfarrer, daß die Gewässer, welche einige
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Teile des oberen Montégnac befruchteten, aus den Bergen der
Corrèze kamen. Diese Zackenketten vereinigten sich an dieser
Stelle mit dem Gebirge durch jenen trockenen Abhang, der paral-
lel mit der Kette der Roche-Vive lief. Der Pfarrer bekundete bei
der Rückkehr von dem Spaziergange eine kindliche Freude: mit
der Naivität eines Dichters sah er das Blühen seines geliebten
Dorfes. Ist der Dichter nicht der Mensch, der seine Hoffnungen
vor der Zeit erfüllt? Monsieur Bonnet mähte schon sein Heu, als
er von der Höhe der Terrasse aus auf die noch unbebaute Ebene
hinwies.
Am folgenden Tage stellten sich Farrabesche und sein Sohn mit
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