[ Pobierz całość w formacie PDF ]
widerstehen vermag, sowenig koennen wir einer anerkannten Kunstnotwendigkeit
gebieten. Es ist eine falsche Nachgiebigkeit gegen die Menge, wenn man ihnen die
Empfindungen erregt, die sie haben wollen, und nicht, die sie haben sollen."
"Wer das Geld bringt, kann die Ware nach seinem Sinne verlangen."
"Gewissermassen; aber ein grosses Publikum verdient, dass man es achte, dass man
es nicht wie Kinder, denen man das Geld abnehmen will, behandle. Man bringe ihm
nach und nach durch das Gute Gefuehl und Geschmack fuer das Gute bei, und es wird
sein Geld mit doppeltem Vergnuegen einlegen, weil ihm der Verstand, ja die Vernunft
selbst bei dieser Ausgabe nichts vorzuwerfen hat. Man kann ihm schmeicheln wie
einem geliebten Kinde, schmeicheln, um es zu bessern, um es kuenftig aufzuklaeren;
nicht wie einem Vornehmen und Reichen, um den Irrtum, den man nutzt, zu verewigen."
So handelten sie noch manches ab, das sich besonders auf die Frage bezog: was man
noch etwa an dem Stuecke veraendern duerfe und was unberuehrt bleiben muesse. Wir
lassen uns hierauf nicht weiter ein, sondern legen vielleicht kuenftig die neue
Bearbeitung "Hamlets" selbst demjenigen Teile unsrer Leser vor, der sich etwa dafuer
interessieren koennte.
V. Buch, 10. Kapitel
Zehntes Kapitel
Die Hauptprobe war vorbei; sie hatte uebermaessig lange gedauert. Serlo und Wilhelm
fanden noch manches zu besorgen: denn ungeachtet der vielen Zeit, die man zur
Vorbereitung verwendet hatte, waren doch sehr notwendige Anstalten bis auf den
letzten Augenblick verschoben worden.
So waren zum Beispiel die Gemaelde der beiden Koenige noch nicht fertig, und die
Szene zwischen Hamlet und seiner Mutter, von der man einen so grossen Effekt hoffte,
sah noch sehr mager aus, indem weder der Geist noch sein gemaltes Ebenbild dabei
gegenwaertig war. Serlo scherzte bei dieser Gelegenheit und sagte: "Wir waeren doch
im Grunde recht uebel angefuehrt, wenn der Geist ausbliebe, die Wache wirklich mit der
Luft fechten und unser Souffleur aus der Kulisse den Vortrag des Geistes supplieren
muesste."
"Wir wollen den wunderbaren Freund nicht durch unsern Unglauben verscheuchen",
versetzte Wilhelm; "er kommt gewiss zur rechten Zeit und wird uns so gut als die
Zuschauer ueberraschen."
"Gewiss", rief Serlo, "ich werde froh sein, wenn das Stueck morgen gegeben ist: es
macht uns mehr Umstaende, als ich geglaubt habe."
"Aber niemand in der Welt wird froher sein als ich, wenn das Stueck morgen gespielt
ist", versetzte Philine, "sowenig mich meine Rolle drueckt. Denn immer und ewig von
einer Sache reden zu hoeren, wobei doch nichts weiter herauskommt als eine
Repraesentation, die, wie so viele hundert andere, vergessen werden wird, dazu will
meine Geduld nicht hinreichen. Macht doch in Gottes Namen nicht soviel Umstaende!
Die Gaeste, die vom Tische aufstehen, haben nachher an jedem Gerichte was
auszusetzen; ja wenn man sie zu Hause reden hoert, so ist es ihnen kaum begreiflich,
wie sie eine solche Not haben ausstehen koennen."
"Lassen Sie mich Ihr Gleichnis zu meinem Vorteile brauchen, schoenes Kind", versetzte
Wilhelm. "Bedenken Sie, was Natur und Kunst, was Handel, Gewerke und Gewerbe
zusammen schaffen muessen, bis ein Gastmahl gegeben werden kann. Wieviel Jahre
muss der Hirsch im Walde, der Fisch im Fluss oder Meere zubringen, bis er unsre Tafel
zu besetzen wuerdig ist, und was hat die Hausfrau, die Koechin nicht alles in der
Kueche zu tun! Mit welcher Nachlaessigkeit schluerft man die Sorge des entferntesten
Winzers, des Schiffers, des Kellermeisters beim Nachtische hinunter, als muesse es nur
so sein. Und sollten deswegen alle diese Menschen nicht arbeiten, nicht schaffen und
bereiten, sollte der Hausherr das alles nicht sorgfaeltig zusammenbringen und
zusammenhalten, weil am Ende der Genuss nur voruebergehend ist? Aber kein Genuss
ist voruebergehend: denn der Eindruck, den er zuruecklaesst, ist bleibend, und was
man mit Fleiss und Anstrengung tut, teilt dem Zuschauer selbst eine verborgene Kraft
mit, von der man nicht wissen kann, wie weit sie wirkt."
"Mir ist alles einerlei", versetzte Philine, "nur muss ich auch diesmal erfahren, dass
Maenner immer im Widerspruch mit sich selbst sind. Bei all eurer Gewissenhaftigkeit,
den grossen Autor nicht verstuemmeln zu wollen, lasst ihr doch den schoensten
Gedanken aus dem Stuecke."
"Den schoensten?" rief Wilhelm.
"Gewiss den schoensten, auf den sich Hamlet selbst was zugute tut."
"Und der waere?" rief Serlo.
"Wenn Sie eine Peruecke aufhaetten", versetzte Philine, "wuerde ich sie Ihnen ganz
saeuberlich abnehmen: denn es scheint noetig, dass man Ihnen das Verstaendnis
eroeffne."
Die andern dachten nach, und die Unterhaltung stockte. Man war aufgestanden, es war
schon spaet, man schien auseinandergehen zu wollen. Als man so unentschlossen
dastand, fing Philine ein Liedchen, auf eine sehr zierliche und gefaellige Melodie, zu
singen an:
Singet nicht in Trauertoenen Von der Einsamkeit der Nacht; Nein, sie ist, o holde
[ Pobierz całość w formacie PDF ]